Da war es wieder – dieses große Erstaunen in den Augen eines kleinen Jungen, als er zum ersten Mal ganz allein auf der großen Kunststoffkugel balancierte. Jacky vom Team Circus Soluna hatte ihn behutsam herangeführt, gestützt – und dann „frei gelassen“.
Ein Schnappschuss. Ein aufregender Moment. Ein besonderes Erlebnis für den kleinen Mann.
Immer wieder stellt sich die Frage: wird all der Aufwand belohnt, den das Team von Circus Soluna um Birger Koch gemeinsam mit kids smile e. V. auf sich nimmt? In ein Land zu reisen, das sich im Krieg befindet – 1.500 Kilometer entfernt von zuhause –, wo täglich die Sirenen heulen und die Menschen mit der ständigen Bedrohung durch Drohnen- und Raketenangriffe leben. Ein Land, das jeden Morgen über Lautsprecher seiner Kriegsopfer gedenkt.
Ein Land, das um seine Infrastruktur kämpft, dessen Energieversorgung durch gezielte Angriffe geschwächt ist und das schweren Wintermonaten entgegensieht – in der ständigen Frage, wie alles organisiert werden kann.
Und dann kommen wir aus Deutschland und machen Zirkus.
„Viel Freude trägt viel Belastung“ – so lautet unser “Vereinsmantra”. Es begleitet uns wie eine Monstranz, weil gerade der Kindermitmachzirkus, wie ihn Circus Soluna „lebt“, Kindern ermöglicht, für eine Weile den Alltag zu vergessen und unvergessliche Erlebnisse zu sammeln. So wie der kleine Junge auf der Kugel – ein unfassbar positiver Moment, der lange in Erinnerung bleibt.
Die monatelange Vorbereitung für ein erneutes Engagement in Uschgorod war schwierig. Langfristige Planungen sind wegen der unsicheren Lage vor Ort kaum möglich. Es gibt Absichtserklärungen, Freude über ein Wiedersehen, grobe Pläne – doch Verbindliches ergibt sich meist erst kurz vor Beginn, manchmal erst direkt vor Ort.
Im Frühsommer entstand die Idee, die junge Lehrerin Kateryna und zwei (mittlerweile ehemaligen) Schüler der Spezialschule in Uschgorod, Daniel und Artem, nach Deutschland einzuladen, damit sie bei zwei Projekten von Circus Soluna mitwirken können. Wie schon 2024 in Košice und Uschgorod hätten sie dort neue Erfahrungen und Eindrücke gesammelt.
Dank der Unterstützung der Eberhard-Schöck-Stiftung stand sogar die Finanzierung. Doch dann kam alles anders: Die Lehrerin verließ aus finanziellen Gründen die Schule, und die beiden gehörlosen Schüler warteten auf ihre Musterung. Das Vorhaben musste abgesagt werden – die zweckgebundene Spende ging an die Stiftung zurück.
Währenddessen engagiert sich Birger Koch auch in anderen sozialen Projekten. Unter dem Titel „Zirkus der Sterne“, inzwischen ein eigener Verein, wird in Košice (Slowakei) ein weiterer Standort für Kindermitmachzirkus mit Grundschulen aufgebaut – 2024 erstmals gefördert durch den europäischen Fonds Erasmus+ (hier klicken).
Und so war auch diesmal Košice der Auftakt unserer Reise in die Ukraine. Erst kurz vor Beginn ergab sich dann doch noch die wunderbare Möglichkeit, dass Kateryna, Daniel und Artem Teil des Zirkusteams werden konnten!
Kateryna ließ für zwei Wochen ihre beiden neuen Tätigkeiten ruhen, um in Košice und anschließend in Uschgorod mitzuwirken! Daniel war bei beiden Projekten dabei, Artem nur in der Slowakei – seine Musterung stand immer noch bevor.
Wie schon im Vorjahr waren alle drei eine große Bereicherung. Neben ihrem persönlichen Engagement in der Begleitung und Anleitung der Kinder, beeindruckte uns besonders die Tiefe der Beziehungen, die durch die Zirkusprojekte zu allen drei entstanden.
„Ihr seid wie eine Familie für mich“, sagte Kateryna mit feuchten Augen, als ich mich bei ihr sehr herzlich bedankte. „Es ist für mich eine große Bereicherung, Teil von so einem wunderbaren Projekt zu sein. Und ich freue mich schon auf das nächste Jahr.“
Noch so ein Moment, der die Frage nach dem Aufwand völlig in den Hintergrund rückt.
Uschgorod 2.0 — Teil 2 folgt…









